Merkurtransit 2019
Beobachter: Vyacheslav Chubenko (Slav Astrov), Vera Malina.
Datum: 11.11.2019.
Zeit: 13:15 bis 15:30 MEZ.
Ort: der Hauptbücherei am Gürtel Urban-Loritz-Platz 2A, 1070 Wien.
Instrument:
Coronado PST, 40 mm, Spektrallinie H-Alpha (Wasserstofflinie 656.28 nm), Linse UltraWide 9 mm (44x);
Canon PowerShot SX240 HS, 12 Megapixels.
Himmel:
Teilweise bewölkt aber meistens klar.
Temperatur:
Etwa 5–6 Grad. Starke Windböen.
Abstract:
Observations of the Mercury Transit 2019 in Vienna with Coronado PST, 40 mm, and Canon PowerShot SX240 HS, 12 Megapixels. H-alpha-light.
Bericht.
Man sollte sagen, langfristige astronomische Ereignisse (genauer gesagt, wenn du persönlich diese Ereignisse beobachtest!) bringen mehr Optimismus. Warum? Ganz einfach!
Als du siehst, dass irgendein astronomisches Ereignis erst in 5, in 10 oder gar in 20 Jahren sein wird, du denkst immer:
„Na ja, wann wird es sein…! Es gibt noch Zeit zum Vorbereiten! Und überhaupt, alles kann passieren während dieser Zeit! Kann ich das überhaupt sehen?!“
Aber diese Zeit kommt „plötzlich“ und es schaut alles so aus, dass sowohl die Welt auf ihren Platz bleibt (obwohl natürlich vieles schon anders ist!), als auch du alles beobachten kannst! Und machts du es jetzt noch besser als früher – angesichts deiner aktuellen technischen Ausrüstung und Erfahrung.
Als gerade meine Leidenschaft für Astronomie begann und mein erstes Teleskop «Mizar» am Ende der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts erworben hatte, machte ich mir gar keine Gedanken über einen Durchgang sogar der großen Venus durch die Sonnenscheibe, der erst im Jahr 2004 sein würde. Ganz zu schweigen von der Wiederholung dieses Phänomens im Jahr 2012!
Und was den kleinen Merkur betrifft, wusste ich zwar, dass meine technischen Möglichkeiten mir erlauben, diesen Planeten ziemlich gut auf der Sonnenscheibe zu beobachten, aber dass ich eine echte Chance kriege, es bereits 2016 zu testen, habe ich erst in Österreich gelernt – kurz vor diesem Phänomen! Nun, ich habe mir vorher einfach nicht gedacht, dass man ihn von Wien und zwar zu einem ziemlich bequemen Zeitpunkt sehen können wird. Als also bei einem der Astrotreffen der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie (WAA) berichtet wurde, dass dieses Phänomen in Jahr 2016 stattfindet (und dann noch dazu in 2019 sich wiederholt!) und in Wien zu sehen sein wird, für mich war das eine angenehme Überraschung.
Als Ergebnis, in meiner Beobachtungsaktivität gibt´s bereits vier Durchgänge der inneren Planeten (Venus und Merkur) durch die Sonnenscheibe, oder «Transiten», wie Wissenschaftler normalerweise sagen. Nämlich: für Venus – in 2004 und 2012, und für Merkur – in 2016 und 2019.
Da diese Phänomene ziemlich selten sind (für Venus werden sie sich in Paaren mit einem zeitlichen Abstand von 8 Jahren wiederholt, zwischen denen mal 105.5, mal 121.5 Jahre vorbeigehen, und für Merkur sind die zeitlichen Abstände zwischen diesen Phänomenen 13, 9.5, 7.5 und 3.5 Jahre), ist eine solche „Beobachtungskollektion“ gar nicht schlecht. Das habe ich sehr weich gesagt!
Ok, genug des lyrischen Prologs!
Also, Merkurtransit 2019.
Und schon wieder ein Wetterglück, und schon wieder – eine visuell überzeugende Demonstration der Natur des Größenvergleichs eines Sterns und eines Planeten…
Auf dieses astronomische Ereignis im Jahr 2019 warteten Astronomen und Astronomie-Amateuren ziemlich vorsichtig, ohne viel Hoffnung. Denn es ist im November normalerweise schwierig, gutes Wetter für Beobachtungen zu erfassen – die Tage werden immer kürzer, und der Himmel ist entweder mit Wolken bedeckt oder es regnet überhaupt. Der Transit von Merkur durch die Sonne findet entweder im Mai oder im November statt. Nur so. Im Jahr 2019 war der Merkurtransit in November. In Wien wurde dieser Tag jedoch mit Hoffnung erwartet und erinnerte daran, dass das Wetter den Beobachtern mehr als einmal Geschenke machte – sowohl beim Venustransit als auch bei den Mondfinsternissen.
Am 11.November 2019 klärte sich der Himmel über Wien am Nachmittag genau dann auf, wann es nötig war. Für die Beobachtung wählte ich einen sehr bequemen Standort – das Dach der Hauptbücherei Wien. Zum Beobachtungsort kamen wir um 13:15 Uhr, um mein Sonnenteleskop «Coronado» im Voraus vorzubereiten.
Und über Facebook habe ich meinen Wiener Freunden und Bekannten den Ort und die Uhrzeit der Beobachtungen mitgeteilt, und als Ergebnis kamen diejenigen, die Zeit und Gelegenheit hatten, zu Beobachtungen und sahen dieses bemerkenswerte Phänomen in meinem Teleskop. Die begeisterten Emotionen der Zuschauer, meinsten von ihnen sahen zum ersten Mal die Sonne in einem Teleskop in Asch-Alpha-Licht, waren wirklich viel.
Die Sonne schaut hier rot aus, weil die Spektrallinie H-Alpha (Wasserstofflinie 656.28 nm) rot ist. Dieses Teleskop dient also wie ein sehr enger (in Spektralsinne) roter Filter, der Sonnenchromosphäre zeigt. Die Chromosphäre befindet sich unmittelbar über der scheinbaren Oberfläche der Sonne und leuchtet gerade in Wasserstofflinie H-Alpha, auf Wellenlenge 656.28 Nanometer (nm). In diesem Licht kann man auch mächtige Ereignisse auf unserem Stern beobachten – wie Protuberanzen und Ausbrüche. Nur hier sieht man keine von ihnen, weil unsere Sonne in dieser Periode sehr ruhig war.
Das Wetter, sollte man sagen, bot eine sehr bescheidene Gelegenheit für Beobachtungen. Nicht nur, weil der Himmel, wie die Meteorologen sagen, „teilweise bewölkt“ war, sondern weil auch noch die Windgeschwindigkeit sehr beeindruckend war. Deshalb musste man auf dem Dach der Bibliothek nach einem Ort suchen, wo man nicht nur beobachten kann, sondern sich auch vor dem Wind verstecken kann.
Das Hauptergebnis der Beobachtungen: Ich und meine Mutter-Assistentin haben es geschafft, Fotos und Videos des Ereignisses während zwei Stunden zu bekommen – einschließlich des Eintrittsmoments des Merkurs in die Sonnenscheibe. Die Beobachtungen wurden um 15:30 Uhr beendet, da nicht nur die Sonne hinter den Dächer der Häuser unterging, sondern auch die Wolken sich schnell vom Horizont verdichteten und den zentralen Teil des Himmels festzogen.
Natürlich dieses Phänomen haben nicht nur wir in Wien beobachtet, sondern auch Mitglieder der WAA. Und natürlich war ihre Beobachtungsstelle besser: Eine der Beobachtungsstellen der Gemeinschaft auf einem Hügel an der nördlichen Grenze der Stadt. Von dort öffnet sich der ganze Himmel. Mehrmals habe ich dort auch beobachtet, nur nachts, mit meinem Sternenteleskop.
Aber an diesem Tag gab dieser Ort ihnen leider nicht viele Vorteile gegenüber meinem: Denn immerhin um vier Uhr nachmittags versteckten Wolken die Sonne und sie beendeten die Beobachtungen ungefähr zur gleichen Zeit wie wir. Wie es bei ihnen war und die Ergebnisse ihrer Beobachtungen, können Sie hier lesen.
Ich möchte noch betonen, dass weder die Merkurtransite 2016 und 2019 noch der Venustransit 2012 aufgrund der großen Dauer dieser Phänomene in Wien vollständig sichtbar waren, dh während die Sonne am Himmel war. Die Passage von Merkur entlang der Sonnenscheibe dauert fünfeinhalb bis sieben Stunden, für Venus ist diese Zeit ungefähr die gleiche: der Transit 2004 dauerte 6 und der Transit 2012 etwa 7 Stunden.
Für den Merkurtransit in Wien war 2016 das Günstigste (nach meiner Erinnerung hier), denn war´s im Mai, die Tage waren schon lang, die Sonne war hoch und lange Zeit am Himmel. Und trotzdem war das Ende des Phänomens – der Ausstieg des Merkur von der Scheibe – aus Wien nicht sichtbar: als der Merkur von der Sonnenscheibe herunterkam, sank die Sonne bereits hinter dem westlichen Horizont. Wie das war, lesen Sie hier.
Ganz zu schweigen in dieser Hinsicht von November-Transit 2019, der ungefähr zur gleichen Tageszeit wie in Mai begann. An diesem Tag stieg die Sonne in der Breite von Wien niedrig am Himmel, ging schon um 16:22 unter, und selbst wenn es nicht bewölkt wäre, würden wir sowieso sogar weniger als die Hälfte von Transit sehen: Die Sonne war bereits unter dem Horizont, während Merkur noch nicht einmal die erste Hälfte seines Weges auf der Sonnenscheibe gemacht hatte.
Ungefähr dasselbe war mit der Venustransit 2012 mit dem einzigen Unterschied, dass es von Wien aus noch weniger sichtbar war – nur das letzte Drittel des Phänomens mit dem Ausstieg des Planeten aus der Sonnenscheibe und, im Gegensatz zur Merkurtransiten, am frühen Morgen.
Und nur beim Venustransit 2004 hatte man in Wien das Glück, vollständig beobachten zu können – vom ersten Kontakt des Planeten mit der Sonnenscheibe bis zum Letzten (alle «4 Kontakte», wie man in der Profi-Sprache sagt). Wie das war, lesen Sie hier.
Jedoch habe ich diesen Transit in noch besseren Bedingungen beobachtet: in einem ländlichen Gebiet noch in der Ukraine. In besseren Bedingungen geographisch gesehen, weil die Ukraine damals in die Sichtzone dieses Phänomens noch besser als Österreich fiel.
So ist die Sache.
Der nächsten Merkurtransit findet 13 November 2032 statt, und die nächste Venustransit – 11 Dezember 2117.
Klaren Himmel, neue interessante Phänomene des Universums und Optimismus wünsche ich Euch!